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Krieg am Niederrhein

Die Ereignisse im Raum Wesel 1944/45

Second Lieutenant Eldred Trachta

Co-Pilot, 84. Troop Carrier Squadron, 437. Troop Carrier Group, IX Troop Carrier Command, US Army Air Forces
27. September 1917 - 24. März 1945

Eldred Trachta

Eldred Trachta trat Anfang März 1943 als Offiziersanwärter seinen Militärdienst bei der US-Luftwaffe an. Zuvor hatte er an der University of Wyoming in Laramie ein vierjähriges Ingenieursstudium absolviert und ab 1940 für eine Ölraffinerie in Toole, Montana, gearbeitet. Aufgewachsen war er in Wyoming, am östlichen Rand der Rocky Mountains, als eines von vier Kindern der Familie Trachta. Seine Großeltern väterlicherseits waren 1880 aus Böhmen in die USA ausgewandert. Der Zweite Weltkrieg machte es notwendig, dass viele Enkel von Auswanderern nach Europa zurückkehrten - als Soldaten. So auch Eldred Trachta, der in der 84. Troop Carrier Squadron der 437. Troop Carrier Group diente. Mit dieser Einheit wurde er Anfang 1944 aus Florida zum Luftwaffenstützpunkt Ramsgate in England verlegt. Seine Transportstaffel, die mit C-47 Transportmaschinen ausgestattet war, schleppte im Juni 1944 Lastensegler zur Landung in der Normandie und war im September 1944 bei der Operation “Market Garden”, der Luftlandung bei Arnheim, Nimwegen und Eindhoven, im Einsatz. Ende Februar 1945 wurde die 437. Troop Carrier Group nach  Coulommiers in Frankreich verlegt. Dort, etwa 30 Kilometer östlich von Paris, bereiteten sich die Besatzungen auf die „Operation Varsity“ vor, die für den 24. März 1945 angesetzt war.

Second Lieutenant Eldred Trachta flog diesen Einsatz als Co-Pilot einer C-47 – der Pilot war Captain Victor Deer, der Navigator war Lieutenant Bryce C.Gibson, als Funker war Staff Sergeant Earl C. Nordgren an Bord. Wie alle Flugzeuge seiner Troop Carrier Group zog ihre Maschine zwei Lastensegler, die auf den Landezone „S“ nordöstlich von Wesel landen sollten. Was an diesem Tag geschah, berichtet Technical Sergeant Paul B. Lefever, der als Bordmechaniker zur Besatzung gehörte:

„Wir hatten gerade den Rhein überquert und ich beobachtete die Motoren. Der erste Treffer befand sich direkt hinter dem rechten Motor und riss ein etwa sechs Zoll großes Loch an der Hinterseite des Motors. Dann explodierte eine Granate im Cockpit über dem Tisch des Navigators, und der Navigator, 1st Lt. Bryce C. Gibson, wurde an der rechten Schläfe getroffen. Das Triebwerk stand zu diesem Zeitpunkt bereits in Flammen. Dann schlug eine Granate in den Mittelteil der Maschine ein. In wenigen Sekunden stand das Innere der Maschine in Flammen. Zu diesem Zeitpunkt klinkten sich unser Lastensegler aus, da sie sahen, dass wir in Schwierigkeiten waren. Ich versuchte, den Funker, S/Sgt. Earl C. Nordgren, und den Navigator, Lt. Gibson, dazu zu bringen, mit mir abzuspringen, aber sie waren offensichtlich durch die Explosion benommen und machten keine Anstalten, mir zu folgen. Captain Victor R Deer, der Pilot, und 2nd Lt. Eldred Trachta, der Co-Pilot, lösten beide ihre Sicherheitsgurte und standen von ihren Sitzen auf, setzten sich dann aber wieder hin. Captain Deer sagte zu mir: "Tun Sie, was Sie für richtig halten“. Er beschloss offenbar, eine Bruchlandung zu versuchen, aber ich ging zur Frachttür und sprang aus etwa 700 Fuß Höhe ab. Ich sah, wie die Maschine über den Bäumen niederging, aber nicht, wie sie aufschlug, zu keinem Zeitpunkt sah ich das Wrack auf dem Boden. Ich konnte um 01.30 Uhr am 25. März 1945 Kontakt zu den Luftlandetruppen herstellen. Sie evakuierten mich zum Divisionshauptquartier und ich erhielt eine schriftliche Bestätigung von Colonel Brown, die mir den Transport über den Rhein ermöglichte.“

Eldred Trachta mit Crew Nordgren und Deer

Diese Aussage machte Paul Lefever am 2. April 1945, neun Tage nach dem Einsatz. Seine Befragung war Teil einer Untersuchung, die üblich war, wenn eine Maschine abgestürzt oder abgeschossen war. In sogenannten „Missing Air Crew Reports“ sammelte die US-Luftwaffe alle relevanten Informationen über den Verbleib der Besatzung. Über das Schicksal von Lefevers Kameraden herrschte zunächst Unklarheit. Ende März oder Anfang April 1945 hatte ein amerikanisches Suchteam in der Nähe der Absturzstelle aus dem einzelnen Feldgrab in der Weseler Aue einen Toten geborgen, ohne ihn jedoch identifizieren zu können. Dann war dieser „Unbekannte X-224“ auf dem US-Soldatenfriedhof in Margraten in den Niederlanden beigesetzt worden. Aufklärung brachte Ende April 1945 eine Recherche in Wesel. Im „Missing Air Crew Report“ findet sich ein Eintrag vom 29. April 1945 - der amerikanische Lieutenant-Colonel (Oberstleutnant) Matthew J. Bartosik vom Oberkommando der 9. US-Armee setzte folgendes Schreiben an das Oberkommando der US-Luftwaffe in Europa auf:

„Meine Dienststelle versucht, Informationen zu erhalten, die zur eindeutigen Identifizierung eines verstorbenen amerikanischen Fliegers dienen, der aus einem Einzelgrab mit den Koordinaten RA 211428 exhumiert und auf dem Militärfriedhof Margraten als "Unbekannter X-224 (Margraten)" beigesetzt wurde. Verfügbare Informationen deuten darauf hin, dass dieser verstorbene Flieger ein Mitglied der Besatzung eines C-47-Transportflugzeugs (Nr. T-315493) war, das am oder um den 24. März 1945 in der Nähe von Wesel, Deutschland (Koordinaten A2240), abgestürzt ist. Die sterblichen Überreste wurden ursprünglich vom Feind begraben, und eine über dem Grab errichtete Markierung trug eine Inschrift, die lautete: "Hier liegt ein tapferer amerikanischer Flieger, getötet am 24. März 1945". Markierungen auf Hemd und Hose sowie auf dem Pistolenholster haben zu einer vorläufigen Identifizierung des Unbekannten als "Eldred Trachta, 0-777868" geführt.”

Eldred Trachtas Flugzeugwrack in der Aue, Quelle: Sammlung Olaf Prinz

Bartosiks Angaben zeigen, dass die Maschine in der Weseler Aue niederging, in etwa auf der Höhe des heutigen Konrad-Duden-Gymnasiums. Sie war nach Angaben aus dem “Missing Air Crew Report” in sumpfigem Gelände niedergegangen und nicht explodiert oder ausgebrannt. Das Absturzgebiet wird heute zum Teil vom Auesee bedeckt. Im Mai 1945 fand ein Suchtupp zwei weitere Gräber in der Nähe, in denen der Funker Earl C. Nordgren und der Pilot Victor R. Deer bestattet waren. Die beiden waren Besatzungsmitglieder der Maschine, mit der auch Eldred Trachta am 24. März 1945 bei Wesel abgestürzt war. 

Erst Ende Juni 1945 erhielt die Familie Trachta ein Telegramm vom Kriegsministerium, dass ihr Sohn offiziell nicht mehr als „vermisst“ („Missing in Action“) sondern als „gefallen“ („Killed in Action“) galt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bot die US-Regierung den Familien von Gefallenen an, die sterblichen Überreste auf Staatskosten in die USA zu überführen. Fast die Hälfte aller Familien nahm das Angebot an. Das tat auch die Familie Trachta, und so wurde Eldred Trachta am 5. August 1949 auf dem US National Cemetery in Arlington, dem bekannten Ehrenfriedhof bei Washington D.C., endgültig bestattet – weit weg von Wyoming. Zu Eldreds Beerdigung konnte nur sein Vater Joseph, der sich zu dieser Zeit beruflich in Missouri aufhielt, anreisen.