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Krieg am Niederrhein

Die Ereignisse im Raum Wesel 1944/45

David Dickson

Als Major und Kompaniechef diente der damals 24jährige David Dickson 1945 in der kanadischen Armee. Beim Angriff seiner Einheit auf das Dorf Bienen traf ihn am 25. März 1945 eine Kugel und er entging nur knapp dem Tod.

David Dickson

Wir, meine Kompanie, die D-Kompanie, erhielten den Auftrag, westlich von Bienen am Deich entlang vorzugehen und in das Dorf einzudringen.

Leider wurde Bienen sehr hartnäckig und mit vielen Maschinengehwehren verteidigt, und wir erlitten dort schwere Verluste. Ich glaube, 18 Mitglieder meiner Kompanie fielen. Bei den North Nova Scotia Highlanders gab es an diesem Nachmittag, einem Sonntagnachmittag, Palmsonntag 1945, 40 Tote. Ich erlitt eine Verletzung, als ich versuchte, über den Deich zu den Gebäuden des Dorfes zu gelangen. Ich wurde von einer Kugel getroffen, die meine rechte Seite durchdrang und in der Mitte meines Rückens wieder austrat. Sie durchschlug Lunge, Leber und Niere – diese Niere musste deswegen entfernt werden. Das Geschoss brach mehrere Rippen und durchschlug mein Zwerchfell usw. Ich hatte großes Glück, zu überleben, denn ich stürzte und lag oben auf der Deichkrone … Meine Frau schickte mir immer John Cotton Pfeifentabak aus England, und ich benutzte nie einen Tabakbeutel. Ich hatte eine Tabakdose, die ich immer in meiner Kampfjacke trug. Ich wurde schließlich vom Deich gezogen, nachdem einer meiner Sergeanten, der sich auf mich geworfen hatte, von einer Mörsergranate getötet worden war. Jemand anders, ein Artillerie-Funker, ein Corporal namens Bob Muir, zog mich vom Deich. Als er mir die Jacke auszog, fiel die Tabakdose heraus, und er sagte: „Mein Gott, sehen Sie mal!“ Er sagte, die Kugel sei direkt durch die Dose gegangen. Da die Kugel meine Wirbelsäule nur um einen Zentimeter verfehlt hatte, aber auf dem Rücken wieder austrat und ein großes Loch riss, hatte ich immer das Gefühl, dass diese Tabakdose mich vielleicht davor bewahrt hatte, für den Rest meines Lebens gelähmt zu sein. Oder vielleicht für den Rest meines Lebens tot zu sein. Aber wie auch immer, ich wurde evakuiert und hatte großes Glück, zu überleben. Muir übergab mich übrigens ein paar North Nova-Soldaten, die an der Hand bzw. am Arm verwundet waren; und sie schleppten mich ein paar hundert Meter zurück zum Verbandplatz des Regiments.

Er selbst erzählt diese Geschichte in dieser Audio-Aufzeichnung:

https://webapp.driftscape.com/map/1114b27e-a017-11eb-8000-bc1c5a8f0f67

Der kanadische Veteran David Dickson an der Rosau am Deich
bei Bienen. Hier war der Verbandplatz, zu dem Dickson nach
seiner Verwundung gebracht wurde. (Foto: August Becker)
Dickson (1921-2014) und Becker am Denkmal am Kirchplatz in Bienen. Es erinnert
an die kanadischen und britischen Opfer der Kämpfe sowie an die niederländischen
Zwangsarbeiter, die in Bienen starben und gequält wurden. Die Gedenkstätte
entstand in gemeinsamer Initiative von schottischen und kanadischen Veteranen,
niederländischen Überlebenden und in Zusammenarbeit mit Josef Becker
und Bienener Bürgern. (Foto: August Becker)

 

Links David Dickson (1921-2014), neben ihm Josef Becker (1929-2019).
Dickson wurde als kanadischer Soldat in Bienen verwundet,
Josef Becker erlebte die Kämpfe als Jugendlicher und wurde später
zum Chronisten der Kriegsgeschichte in Bienen. (Foto: August Becker)