PFC (Private First Class) Eugene Getz
513. Parachute Infantry Batallion, 17. US-Luftlandedivision
4. November 1923 - 24. März 1945

Eugene Getz kämpfte 1945 als amerikanischer Fallschirmjäger gegen das Land, das sein Großvater Jahrzehnte zuvor verlassen hatte. Die Geschichte der amerikanischen Familie Getz begann 1891: Bernhard Wilhelm Götz, gebürtig aus Obertsrot bei Baden-Baden, hatte beschlossen, aus der badischen Armee zu desertieren. Von einem Gericht in Freiburg zur Fahndung ausgeschrieben, floh er noch im selben Jahr nach Amerika – zuvor waren bereits zahlreiche andere Mitglieder der Familie Götz aus Obertsrot dorthin ausgewandert, und so wusste der 21jährige vermutlich, an wen er sich beim Neustart in Amerika wenden konnte. Er nannte sich fortan William Getz und ließ sich New Market bei Piscatawey in New Jersey, etwa 50 Kilometer östlich von New York City gelegen, nieder. Mit der irisch-stämmigen Einwanderin Minnie Vance gründete er eine Familie. 1898 kam ihr Sohn William Getz Jr. 1898 zur Welt, der 1920 heiratete und mit seiner Frau Constance fünf Söhne hatte. Als zweitältester kam 1923 Eugene zur Welt, der älteste war sein Bruder Allen. Ihre Mutter starb 1938 an einer asthmatischen Erkrankung. William, ihr Mann, heiratete erneut. Als die vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg eintraten, meldete sich der Familienvater Zivilarbeiter für das Militär. Der gelernte Zimmermann war auf dem Weg zu einer Militärbasis auf Grönland, als ein U-Boot das Transportschiff „Dorchester“ angriff und mit einem Torpedo versenkte. Beim Untergang kam William Getz Jr. am 2. Februar 1943 mit 678 weiteren Passagieren ums Leben. Sein ältester Sohn Allen diente zu diesem Zeitpunkt bei den US Marines. Er starb 20. November 1943 bei den Kämpfen um das Pazifikatoll Tarawa. Dessen jüngerer Bruder Eugene war ebenfalls Soldat – er hatte sich im Februar 1943 freiwillig zur Fallschirmtruppe gemeldet. Er galt als ausgesprochen sportlich, hatte er doch für das Football-Team seiner High School als Quarterback gespielt.
Wie alle amerikanischen Fallschirmjäger durchlief Eugene Getz die Sprungschule in Fort Benning in Georgia. Mit seinem Regiment war er anschließend in Fort Bragg in North Carolina stationiert, im März 1944 ging es dann nach Camp Forrest in Tennessee, wo große Manöver im Divisionsrahmen abgehalten wurden. Im August 1944 wurde die 17. Luftlanddivision von Boston per Schiffstransport nach England verlegt und in Chiseldon in Südwestengland stationiert. Als die Alliierten im September 1944 die Operation „Market Garden“ in den Niederlanden starteten, übte die 17. Luftlanddivision in England noch in Manövern für zukünftige Einsätze und war als Reserve vorgesehen. Teile der Division, darunter auch Eugene Getz mit seinem 513. Regiment, mussten zwischen dem 23. und 25. Dezember 1944 nach Reims Frankreich geflogen werden, um während der deutschen Ardennenoffensive Lücken in der Verteidigung zu schließen. Auf LKW wurden die Fallschirmjäger an die Front in Südbelgien transportiert und kämpften als Infanteristen in den Ardennen. Sie blieben bis zum 11. Februar 1945 im Einsatz. Danach kamen sie in ein Feldlager in Chalon-sur-Marne bei Reims. Zwischen dem 5. und 10. März übten die Fallschirmjäger zum ersten Mal den Absprung aus den neuen C-46 Commando-Transportflugzeugen, die 36 Fallschirmjäger tragen konnten und einen Absprung aus zwei gegenüberliegenden Türen des Flugzeugs ermöglichten. Am 21. März wurde Eugene Getz mit seinem Regiment nach Achiet bei Bapaume ein Nordfrankreich verlegt – dort lag das Flugfeld B-54, von dem insgesamt 72 der modernen C-46 Transportflugzeuge zur „Operation Varsity“ bei Wesel und Hamminkeln starten sollten. Zu diesem Zeitpunkt war Private First Class – also der Gefreite – Eugene Getz Soldat in der Stabskompanie des Regiments. Am 24.

März 1945 saß er an Bord einer Maschine der zweiten Welle – die Stabskompanie wurde gemeinsam mit dem 1. Bataillon und Unterstützungseinheiten als letztes abgesetzt. Alle Einheiten des Regiments landeten zu weit nördlich von der vorgesehenen Sprungzone X. Sie gingen ab 10.20 Uhr im Bereich des Köpenhofs auf der Landezone P nieder, die westlich von Hamminkeln lag und für britische Lastensegler vorgesehen war. Am Boden trafen die Fallschirmjäger auf heftigen Widerstand, es herrschte zunächst Chaos, Soldaten suchten nach ihren Einheiten. Einige Offiziere scharten schließlich Trupps von Männern um sich, zu denen immer mehr Versprengte stießen – im Bereich Mühlenrott wurde ein Sammelpunkt eingerichtet und rundum gesichert. Von dort sollten die Soldaten des 1. Bataillons – in etwa entlang des Westfeldwegs - nach Südosten aufbrechen, um sich im Bereich um den Holtkampshof im Heiderott zunächst als Regimentsreserve zu sammeln. Die Hochspannungsleitung, die parallel zum Westfeldweg verläuft, diente den Soldaten als Orientierung. Einer von den Männern, die entlang der Hochspannungsleitung marschierten, war Eugene Getz. In einem Brief, den die Familie einige Monate später erhielt, schildert ein Kamerad, wie Eugene starb. Er sei wohlbehalten mit dem Fallschirm gelandet - auf dem Weg zu einem Sammelplatz habe er mit einem andern Soldaten am Fuße eines Hochspannungsmastes in Deckung gelegen, als sie beschossen wurden. Während Eugene sich umdrehte, um den feindlichen Schützen auszumachen, traf ihn eine Gewehrkugel in den Rücken, die ihn sofort tötete. Heute ruht Eugene Getz auf dem amerikanischen Soldatenfriedhof im niederländischen Margraten. Er war 21 Jahre alt, als er am 24. März 1945 bei Hamminkeln fiel. Genauso alt war sein Großvater William Getz Sr. gewesen, als er 1891 das Deutsche Reich verlassen hatte. Der einstige Deutsche, der dem Militärdienst als „Fahnenflüchtiger“ entgangen war, starb 1953 in seiner neuen Heimat New Jersey.