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Krieg am Niederrhein

Die Ereignisse im Raum Wesel 1944/45

Der Tote im Baum

Leblos hängt ein amerikanischer Fallschirmjäger in den Gurten, sein Fallschirm hat sich im Geäst eines Baumes verfangen. Den niederrheinischen Boden, auf dem er den Kampf aufnehmen sollte, hat dieser Soldat nie erreicht. Sein Leben endete an einem Samstagmorgen - am 24. März 1945, in der Nähe vom Hamminkeln.

Der getötete Fallschirmjäger

In zahlreichen Publikation zur „Operation Varsity“, der alliierten Luftlandung am Niederrhein, ist das Foto abgedruckt. Der tote US-Fallschirmjäger ist im März 1945 mehrfach fotografiert worden. Deswegen lässt sich genau nachvollziehen, wo er starb. Die Fotos entstanden an der Kastanienstraße in der Hamminkelner Gemarkung Heiderott. Dort gibt es einen kleinen Bahnübergang über die Bahnlinie Wesel-Emmerich. Das Weg über die Gleise führt den Wanderer oder Radfahrer zum Schwarzen Wasser - heute wie damals. Im Heiderott hat sich seit 1945 wenig verändert. Die Höfe, die schmalen Wirtschaftswege, die Weiden und Äcker, eingefasst von der typischen Frechtung prägen noch heute das Bild - so wie vor Jahrzehnten. Nur wenige Meter entfernt vom Bahnübergang, an dem der Tote in einem Eichenbaum hing, stand damals eine mächtige Kastanie in einer Weide des Fuhrmannshofes. Sie gab der Straße ihren Namen - heute ist nur noch ein kläglicher Rest des Kastanienbaums erhalten.

Am 24. März 1945 war das Heiderott ein Brennpunkt der Kämpfe. An der Kastanienstraße entstanden zahlreiche Fotos, die davon künden. Damals hatten die alliierten Planer das Gebiet als Landezone „N“ für über 300 amerikanische Lastensegler ausgewählt. Bevor die Lastensegler  am Morgen dieses Tages eintreffen sollten, war vorgesehen, dass kurz nach 10 Uhr die über 2000 Soldaten des amerikanischen 513. Fallschirminfanterie-Regiments in der Umgebung, auf der Absprungzone „X“ im Butenfeld landen sollten. Ihre Aufgabe war, die deutschen Verteidiger niederzukämpfen und die Landezone zu sichern. Doch die US-Fallschirmjäger wurden an der falschen Stelle abgesetzt und landeten viel weiter nördlich. Die ersten und einzigen, die ab 10.25 Uhr im Heiderott an Fallschirmen landeten, waren Soldaten des 466. Fallschirmartillerie-Bataillons - das war so vorgesehen, nicht jedoch, dass sie ohne die Infanteristen auf sich allein gestellt sein würden. Deswegen ist mit einiger Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass es sich bei dem Toten im Baum um einen Soldaten des 466. Fallschirmartillerie-Bataillons handeln könnte. Dessen Soldaten mussten zunächst den Kampf mit den Deutschen in diesem Gebiet aufnehmen, ab 12.00 Uhr begannen dann die Landungen der Lastensegler.

Das 466. Fallschirmartillerie-Bataillon hatte ein Stärke von 440 Mann und verfügte über 12 Geschütze. Jedes Geschütz konnte auseinandergenommen in mehreren Packladungen an Fallschirmen abgeworfen werden. Am 24. März wurden 44 Soldaten des Bataillons getötet, drei starben am 25. März, zwei weitere starben später an ihren Verwundungen  Die Einheit hatte damit über 11 Prozent an tödliche Verlusten - das ist ungewöhnlich hoch.

Vermutlich war einer dieser Toten der Soldat, der am Bahnübergang an der Kastanienstraße in einem Baum hing. Sein Name bleibt unbekannt.